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14.04.2005, 09:04 Wachstumsbranche Kultur - aber unter welchen Bedingungen |
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Wachstumsbranche Kultur - aber unter welchen Bedingungen
Noch vor einigen Jahren hörte man vom Arbeitsmarkt Kultur v.a. positive Nachrichten. In den Kulturwirtschaftsberichten des Landes NRW war von den enormen Wachstumspotenzialen die Rede und stolz wurde verkündigt, dass im Arbeitsmarktsegment Kultur inzwischen so viele Beschäftigte zu finden sind wie in industriellen Branchen. Es schien einen stetigen Aufwind zu geben.
Auch Kulturstaatsministerin Christina Weiss sprach bei der Vorstellung der Studie „Kulturberufe in Deutschland - Statistisches Kurzportrait zu den erwerbstätigen Künstlern, Publizisten, Designern, Architekten und verwandten Berufen im Kulturberufemarkt in Deutschland 1995 - 2003" im Oktober 2004 vom Kulturbetrieb als einer beachtlichen Wachstumsbranche. Sie betonte bei der Vorstellung der Studie, der Kulturbetrieb gebe darüber hinaus auch andere wichtige Impulse: „Denn die Eigenschaften, die uns das Erwerbsleben der Zukunft abverlangen wird - Flexibilität, Mobilität, Offenheit im Denken und im Handeln - sind hervorstechende Merkmale einer Tätigkeit im kulturellen Sektor. Kultur ist also auch in dieser Hinsicht nicht eine bloße Kostgängerin des Staates, sondern vielmehr Avantgarde des Arbeitsmarktes."
Es stellt sich allerdings die Frage, um was für ein Wachstum es sich handelt. Um ein Wachstum an Beschäftigten oder an Umsätzen? Und wenn es sich um ein Wachstum an Beschäftigung handelt, ist weiter zu fragen, was für Beschäftigung entsteht und ob diese den abhängig Beschäftigten bzw. Selbstständigen auch ein auskömmliches Einkommen ermöglicht.
Statistische Daten zum Arbeitsmarkt Kultur
Die erwähnte Studie „Kulturberufe in Deutschland" wurde von Michael Söndermann, Arbeitskreis Kulturstatistik, im Auftrag der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erstellt. Für die Studie wurden Daten des Mikrozensus, der Beschäftigtenstatistik und der Umsatzsteuerstatistik ausgewertet und zueinander in Beziehung gesetzt. Daten der Künstlersozialkasse wurden in die Untersuchung nicht einbezogen. Ebenfalls nicht einbezogen wurden die kulturwirtschaftlichen Berufe wie Verlags-, Buch- oder Musikalienhändler, Kunsthändler, Auktionatoren und Galeristen.
Die Daten des Mikrozensus beruhen auf einer 1-Prozent-Stichprobe aller deutschen Haushalte, die hochgerechnet wird. Die Zuordnung zu Berufen erfolgt durch die Befragten selbst. Eine Person gilt laut Mikrozensus als berufstätig, wenn sie regelmäßig mindestens eine Stunde in der Woche in ihrem Hauptberuf tätig ist. Auf Grund der sehr weiten Definition von Berufstätigkeit werden bei den Daten des Mikrozensus sehr hohe Fallzahlen erreicht.
Demgegenüber beruht die Umsatzsteuerstatistik auf den Daten, die von Unternehmen den Steuerbehörden gemeldet werden. In der Umsatzsteuerstatistik werden die in den Kulturberufen Selbstständigen erfasst, die einen Jahresumsatz von mindestens 16.617 Euro erwirtschaftet haben. Da die in der Künstlersozialkasse versicherten Künstler und Publizisten im Durchschnitt nur ein Einkommen von 11.078 Euro (Stand zum 01.01.2004) erzielen, ist davon auszugehen, dass ein Teil der in der Künstlersozialkasse versicherten selbstständigen Künstler und Publizisten einen Umsatz unter 16.617 Euro haben und damit in der Umsatzsteuerstatistik nicht erfasst wird. D.h. auf Grund der Abschneidegrenze bei der Umsatzsteuerstatistik werden deutlich geringere Fallzahlen als beim Mikrozensus erreicht.
In der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit werden abhängig Beschäftigte, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als Angestellte, Arbeiter oder Auszubildende nachgehen, erfasst. Die Daten werden von den Arbeitgebern gemeldet. In der Beschäftigtenstatistik werden nur jene Beschäftigten geführt, die mindestens 15 Wochenstunden arbeiten bzw. einen Mindestlohn von 400 Euro und mehr erhalten. Geringfügig Beschäftigte werden also in der Beschäftigtenstatistik nicht geführt.
Bei einer quantitativen Beschreibung des Arbeitsmarktes Kultur müssen die verschiedenen Statistiken miteinander in Beziehung gesetzt werden, um ein Bild erhalten zu können. Diese aggregierten Daten werden von Söndermann in „Kulturberufe in Deutschland" zur Verfügung gestellt.
Selbstständige in Kulturberufen
Laut Mikrozensus sind in Deutschland 780.000 Erwerbstätige in Kulturberufen tätig. Im Vergleich dazu sind in der deutschen Automobilindustrie 620.000 Erwerbstätige beschäftigt. Von den nach dem Mikrozensus 780.000 Erwerbstätigen in Kulturberufen sind 318.000 Personen selbstständig. Davon finden sich in der Umsatzsteuerstatistik aber nur 118.600 Personen. D.h. rund 37% der laut Mikrozensus in den Kulturberufen Selbstständigen haben einen Umsatz von über 16.617 Euro und werden damit in der Umsatzsteuerstatistik erfasst. Umgekehrt heißt dies aber, dass immerhin 63% der laut Mikrozensus als in Kulturberufen Selbstständige einen Umsatz haben, der unterhalb des Wertes liegt, der von der Umsatzsteuerstatistik erfasst wird. Bei den Selbstständigen aller Berufe ist das Verhältnis genau umgekehrt. Insgesamt 61% der im Mikrozensus als selbstständig Geführten werden auch in der Umsatzsteuerstatistik geführt. Bereits diese Daten liefern einen ersten Hinweis darauf, dass es sich bei den Selbstständigen in Kulturberufen um keine Selbstständigen im klassischen Sinne handelt.
Betrachtet man die von Söndermann zusammengestellten Zahlen (Kulturberufe in Deutschland, Tabelle 10) genauer, so zeigt sich, folgendes Bild:
* von den Lehrer für musische Fächer sind 72% der im Mikrozensus erfassten Selbstständigen auch in der Umsatzsteuerstatistik erfasst,
* bei den Architekten und Raumplanern gilt dies für 68%,
* bei den Fotografen bzw. dem Fotografischen Gewerbe für 65%,
* bei den Bühnen-, Film- und Rundfunkkünstlern für 43%,
* bei den Selbständigen Schriftstellern und Journalisten für 35%,
* bei den Übersetzern und Dolmetschern für 33%,
* bei den Bildenden Künstlern und Restauratoren für 29%,
* bei den Designern für 25%,
* bei den Musikern für 18%,
* bei den Artisten für 16%.
Die Aufteilung nach Kulturberufen zeigt, dass immerhin mehr als Hälfte der selbstständigen Lehrer für musische Fächer, Architekten und Raumplaner sowie Fotografen einen Umsatz von über 16.617 Euro im Jahr erwirtschaften. Demgegenüber erreicht nur ein Viertel der selbstständigen Designer einen Umsatz von über 16.617 Euro im Jahr. Und bei den selbstständigen Musikern und Artisten ist es sogar weniger als ein Viertel. D.h. drei Viertel der Selbstständiger dieser Berufsgruppen erzielen einen so kleinen Umsatz, dass sie umsatzsteuerlich nicht erfasst werden.
Bei einem beträchtlichen Teil der Selbständigen in den Kulturberufen muss also davon ausgegangen werden, dass sie durch ihre selbständige Tätigkeit nur unzureichend ihren Lebensunterhalt decken können. Umso bedeutsamer ist zumindest für den engeren Teil der Selbständigen in den Kulturberufen die Künstlersozialversicherung, die eine soziale Absicherung im Bereich der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bietet. Wobei festzuhalten ist, dass die Mehrzahl der in der Künstlersozialversicherung Versicherten auf Grund ihres niedrigen Einkommens eine nur sehr kleine Rente beziehen werden. Die Veränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung in den vergangenen Jahren werden das Problem noch verschärfen. Die gesetzliche Rentenversicherung wird in der Zukunft selbst bei einer durchschnittlichen Erwerbsbiografie nicht mehr den Lebensstandard der dann in Rente befindlichen Rentnergeneration sichern. Die Bundesregierung geht davon aus, dass eine zusätzliche private Alterssicherung aufgebaut wird. Mit Hilfe der steuerlich geförderten Riester-Rente soll es auch Beziehern kleiner Einkommen möglich sein, eine zusätzliche Alterssicherung aufzubauen. Bislang werden die Angebote aber nur zu einem geringen Prozentsatz der berechtigten Kulturschaffenden wahrgenommen.
Noch prekärer ist die Situation der Selbstständigen in Kulturberufen, die nicht Mitglied der Künstlersozialversicherung werden können und sich daher privat krankenversichern sowie eine eigenständige Alterssicherung aufbauen müssen. Es steht angesichts der Daten aus der Umsatzsteuerstatistik zu befürchten, dass dieses nur einem kleinen Teil der Selbstständigen in den Kulturberufen gelingt und darum in den nächsten Jahren viele ehemals Selbstständige, die nicht Mitglied der Künstlersozialversicherung werden konnten, von der Altersarmut betroffen sein werden bzw. ihren Beruf weit über das Rentenalter hinaus ausüben müssen.
Laut Mikrozensus ist die Zahl der Selbstständigen in den Kulturberufen zwischen 1995 und 2003 um 50% gestiegen. Dieser Anstieg findet ein Pendant in der Zahl der Versicherten der Künstlersozialkasse, denn im selben Zeitraum stieg deren Zahl von 81.698 auf 131.699, d.h. um 50.001 Personen, das sind rd. 38%.
Abhängig Beschäftigte in Kulturberufen
Ebenso wie die Daten der Umsatzsteuerstatistik in der Studie „Kulturberufe in Deutschland" mit denen des Mikrozensus verglichen wurden und sich hier zeigte, dass nur ein kleiner Teil der Selbstständigen in den Kulturberufen einen Umsatz erwirtschaftet, der umsatzsteuerstatistisch erfasst wird, grenzt ein Vergleich der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit mit dem Mikrozensus die Zahl der abhängig Beschäftigten ein. Dieses liegt in erster Linie daran, dass der Mikrozensus, wie beschrieben, einen umfassenderen Begriff von Beschäftigung anlegt als die Beschäftigtenstatistik. Doch weichen die Daten nicht so stark voneinander ab, wie der Vergleich des Mikrozensus mit der Umsatzsteuerstatistik.
Insgesamt 76% der vom Mikrozensus erfassten abhängig Beschäftigten in den Kulturberufen werden auch in der Beschäftigtenstatistik geführt, d.h. diese haben ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Betrachtet man die einzelnen Berufsgruppen ergibt sich folgendes Bild (Kulturberufe in Deutschland Tabelle 11):
* 94% der im Mikrozensus geführten abhängig beschäftigten Fotografen werden auch in der Beschäftigtenstatistik geführt,
* dies gilt ebenfalls für 91% der Musiker, Sänger und Darstellenden Künstler,
* für 83% der Lehrer für musische Fächer,
* für 81% der Architekten und Raumplaner,
* für 74% der Geisteswissenschaftler,
* für 73% der Publizisten,
* für 72% der Bibliothekare, Archivare und Museumsberufe,
* für 69% der künstlerisch-technischen Berufe,
* für 68% der Bildenden Künstler im Bereich angewandte Kunst/Design,
* für 60% der Raum-, Schauwerbegestalter,
* für 45% der Dolmetscher.
Festzuhalten ist zuerst, dass bis auf die Dolmetscher immerhin über 60% der im Mikrozensus als abhängig Beschäftigte in Kulturberufen Geführte sich in der Beschäftigtenstatistik wiederfinden. Eine solitäre Stellung nehmen die Dolmetscher ein. Nur 45% der Dolmetscher aus den Daten des Mikrozensus werden auch in der Beschäftigtenstatistik geführt. D.h. im Umkehrschluss immerhin 55% in der Berufsgruppe verdienen weniger als 400,-- Euro im Monat oder arbeiten weniger als 15 Wochenstunden und werden daher der Bundesanstalt für Arbeit nicht als abhängig beschäftigt gemeldet.
Demgegenüber sind 94% der Fotografen, zu denen in den hier zur Diskussion stehenden Statistiken auch die Kameraleute gerechnet werden, aus dem Mikrozensus auch nach der Beschäftigtenstatistik abhängig beschäftigt.
Einen ähnlich hohen Wert erreichen die darstellenden Künstler, Musiker und Sänger. Sie verfügen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen im Kulturbereich über eine relativ hohe soziale Absicherung, da sie zu 91% sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden. Schauspieler werden auch dann sozialversicherungspflichtig beschäftigt, wenn sie beispielsweise in einem Fernsehfilm mitwirken, zehn Drehtage haben und danach wieder arbeitslos sind. D.h. anders als beispielsweise bei den Bildenden Künstler, bei denen die selbstständige Tätigkeit vorherrschend ist und bei einer kurzzeitigen Beschäftigung eher ein Werkvertrag geschlossen als ein Angestelltenverhältnis eingegangen wird, ist es bei den darstellenden Künstlern üblich, dass auch bei kurzzeitigen Beschäftigungen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen wird. Dieses ermöglichte den Künstlern sich während der offiziellen Arbeitslosigkeit auf neue Rollen vorzubereiten. Die Filmproduktionsfirmen haben die Möglichkeit, die Schauspieler tatsächlich nur die Drehtage zu beschäftigen. Die gesamte Vorbereitungszeit wird letztlich von der Bundesagentur für Arbeit, also den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, bezahlt. Das „Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" wird die Fortführung der bisherigen Praxis unmöglich machen. Ab dem 1. Februar 2006 entsteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erst, wenn innerhalb der letzten zwei Jahre zwölf Monate mit Versicherungspflicht vorliegen. Bislang sind die letzten drei Jahre maßgebend. Für Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Kostümbildner, die nicht fest an einem Theater beschäftigt sind, wird es schwer sein, die neuen Anforderungen zu erfüllen. Zusätzlich ist nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit der Trend zu einer Reduzierung von Gagen und Honoraren festzustellen bei gleichzeitiger Erhöhung der Leistungserwartung. Sofern Tariflöhne existieren, werden diese teilweise unterschritten. Ebenso verlangen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit Fernsehproduzenten und -sender umfangreicherer Rechteübertragungen von Schauspielern und Regisseuren ohne Zahlung vom Zusatz- oder Wiederholungshonoraren. D.h. die zunächst sehr positiv aussehende soziale Absicherung der Künstler von Bühne, Film und Theater ist bei genauerer Betrachtung nicht so günstig wie es auf den ersten Blick erscheint. Bereits jetzt zeichnet sich ein Trend ab, dass mehr und mehr Künstler selbstständig und nicht mehr abhängig beschäftigt arbeiten wollen. Sie werden voraussichtlich Mitglied der Künstlerversicherung werden, so dass ein weiterer Anstieg der Versichertenzahl in der Künstlersozialkasse zu erwarten ist.
Auffallend ist auch, dass von den Bibliothekaren, Archivaren und Museumsfachleuten nur 72% einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz haben. Bemerkenswert ist dies v.a. deshalb, weil gerade bei den Bibliothekaren und Archivaren in der Vergangenheit das abhängige Vollzeitbeschäftigungsverhältnis die Regel und die Selbstständigkeit die seltene Ausnahme war. Jetzt verfügt immerhin ein Prozentsatz von 28% über einen Arbeitsplatz, bei dem die Beschäftigung unter 15 Wochenstunden oder der Verdienst unter 400 Euro im Monat liegt.
Entwicklung des Arbeitsmarktes Kultur
In „Kulturberufe in Deutschland" wird unter Nutzung von Daten der Beschäftigtenstatistik und Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung angenommen, dass die Schrumpfung des kulturellen Arbeitsmarkt für abhängig Beschäftigte nach einem Höhepunkt im Jahr 2001 mit 351.300 Arbeitsplätzen weiter anhalten wird, so dass voraussichtlich im abgelaufenen Jahr 2004 die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im Kulturbereich bei 332.500 gelegen haben wird, was in etwa dem Niveau von 1995 mit 330.000 Arbeitsplätzen entspricht.
Vor diesem Hintergrund wundert es wenig, dass im Museumsbereich die Ein-Euro-Jobs mit gemischten Gefühlen betrachtet werden. Die Finanznot der öffentlichen Haushalte zwingt die Kultureinrichtungen inzwischen auch an den Personalkosten zu sparen, nachdem die Sparmöglichkeiten bei den Sachkostenetat ausgeschöpft worden sind. Zugleich gibt es genügend qualifiziertes Personal, das auch bereit ist, auf Werkvertrags- oder Honorarbasis zu arbeiten. Wahrscheinlich wird es ebenso nicht schwer sein, langzeitarbeitslose Akademiker zu finden, die mittels eines Ein-Euro-Jobs in einem Museum den Wiedereinstieg in das Berufsleben erhoffen.
Ebenso wenig erstaunt, dass der künstlerische Bereich der Theater von Ein-Euro-Jobs weniger betroffen sein wird. Hier bestehen offensichtlich - glücklicherweise - noch Sozialstandards, die ein Aufweichen der Beschäftigungsverhältnisse verhindern.
Die vorliegenden Daten und die Berichte aus den Kultureinrichtungen lassen die Prognose zu, dass die Entwicklung des Arbeitsmarktes Kultur zu einem Arbeitsmarkt der Selbstständigen anhalten wird. Passiert kein Wunder, verdient jedoch nur ein kleiner Teil der Selbstständigen im Kulturbereich auskömmlich. Die breite Masse wird auf zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen angewiesen sein. Die abhängige Beschäftigung, d.h. das normale Angestelltenverhältnis wird weiterhin abnehmen. Eine Festanstellung gehört fast schon der Vergangenheit an. Befristete Verträge sind auch bei abhängig Beschäftigten inzwischen eher die Regel als die Ausnahme geworden.
Wenn der Arbeitsmarkt Kultur ein Modell für die Zukunft ist, wie von manchen prognostiziert, so in erster Linie als Modell einer unsicheren, meist selbständigen Beschäftigung. Die Euphorie über die wachsende Zahl an Beschäftigten wird gedämpft, betrachtet man deren Einkommenssituation. Es scheint so zu sein, dass in anderen Branchen auf hohe Umsatzrenditen gezielt wird bei gleichzeitiger Inkaufnahme einer sinkenden Zahl an Beschäftigten, wie es derzeit die Deutsche Bank mit einem Rekordgewinn und gleichzeitig verkündeten Abbau von Arbeitsplätzen vormacht. Im Kulturbereich hingegen wird ein Wachstum an Beschäftigten begrüßt, wie es die Kulturstaatsministerin in ihrer Rede zur Vorstellung der Studie „Kulturberufe in Deutschland" formulierte, bei gleichzeitigem Schweigen über die geringen Umsätze. Beide Modelle sind unter gesellschaftspolitischem Blickwinkel sicherlich wenig zielführend.
Der Verfasser ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland" des Deutschen Bundestages
Quelle: http://www.kulturrat.de/detail.php?detail=221&rubrik=35
Von Olaf Zimmermann
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