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 14.2. Tag der Rechenschaft

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OBserver






Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 2



BeitragVerfasst am: 08.02.2005, 16:42    14.2. Tag der Rechenschaft Antworten mit ZitatNach oben

Bitte helfen Sie mit die Demonstration in Leipzig bekannt zu machen. Ein Flugblatt "Sozialstaat verteidigen - Reichtum umverteilen!" mit dem Demonstrationsaufruf für den Tag der Rechenschaft am 14. Februar 2005 in Leipzig können sie hier aufrufen, ausdrucken und weiterverteilen. Sie können auch ein Plakat hier aufrufen und ausdrucken. Außerdem gibt es noch einen kleineren Handzettel im A6-Format mit dem Termin für den "Tag der Rechenschaft", den Sie hier ebenfalls aufrufen können. Jeder der für die Demonstration wirbt, trägt zu ihrem Gelingen bei.

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Aufruf zum Tag der Rechenschaft


Leipzig, den 22. Januar 2005

Die SPD geführte Bundesregierung will demnächst eine Bilanz zu Hartz IV ziehen. Sogenannte Experten, Vertreter verschiedener Organisationen, Wirtschaftbosse und bestimmte Medienvertreter werden dies zum Anlaß nehmen, Hartz IV als eine im großen und ganzen gelungene „Arbeitsmarktreform“ zu loben. Sie werden die Richtigkeit ihrer sogenannten Arbeitsmarktreform unterstreichen und weitere „Reformen“ fordern. Diese „Reformen“ werden den Sozialstaat weiter demontieren, keine neuen Arbeitsplätze schaffen, die Millionäre und Besserverdienenden weiter finanziell entlasten und den Normalverdiener und die von Sozialleistungen Abhängigen weiter finanziell belasten. Die CDU-FDP-Mehrheit im Bundesrat fordert noch weiter gehende Veränderungen zu Ungunsten von Rentnern, Studenten, Erwerbslosen und Arbeitnehmern.
Mit dieser Politik muß Schluß sein! Unsere Bilanz der mit der sogenannten Agenda 2010 verbundenen „Reformen“ sieht anders aus: Eine Binnenkonjunktur, welche Arbeitsplätze schaffen könnte, ist wegen der immer geringer werdenden Kaufkraft der Normalverdiener und Erwerbslosen nicht in Sicht. Daran wird auch die steuerliche Entlastung der Reichen nichts ändern. Arbeitsplätze werden nur bei steigender Nachfrage entstehen. Niemand schafft Arbeitsplätze, wenn er die Produkte nicht absetzen kann – egal wie sehr er steuerlich entlastet wird. Statt aber ein Binnenkonjunkturprogramm aufzulegen und eine reformierte Vermögenssteuer von 1,5 % auf Vermögen über 500 000 Euro wieder zu erheben, werden die Sozialleistungen gekürzt und Menschen unverschuldet in Armut gestürzt.
Die Bilanz derer, die von der sogenannten „Arbeitsmarktreform“ Hartz IV betroffen sind, bleibt erschütternd. Kein Geld, drohende Obdachlosigkeit, pure Verzweiflung bei vielen, die nicht mehr wissen, wovon sie leben sollen. Alleinstehende Mütter und Väter leben jetzt vom Kindergeld und Unterhalt ihrer Kinder. Sie bekommen nämlich nicht einmal den Regelsatz von 331 Euro Ost oder 345 Euro West.

Wir werden deshalb am 14. Februar vom Treffpunkt der Montagsdemonstranten aus zum Büro der Kanzlerpartei in unserem Ort ziehen und unsere Bilanz von Hartz IV übergeben. Wir werden von den örtlichen Vertretern der SPD Rechenschaft fordern über die Politik ihrer Parteiführung und nochmals darlegen, dass Hartz IV Millionen Bundesbürger in unverschuldete Armut stürzt und welche Auswirkungen Hartz IV für jene hat, die noch einen Normalarbeitsplatz haben. Und wir werden zum Ausdruck bringen, dass eine andere Politik möglich ist, wenn man das nur will. Es gibt nämlich Alternativen zum Sozialabbau: Es könnten alle Menschen in die Sozialversicherungssysteme einzahlen. Das würde diese stabilisieren. Mit den rund 24 Milliarden, der oben genannten Vermögenssteuer wären die Defizite aller bundesdeutschen Kommunen gedeckt und es wären noch 14 Milliarden übrig. Mit diesen Milliarden könnten Kindergartenplätze geschaffen, Schulen besser ausgestattet und das Sozialgeld angehoben werden.

Wir erwarten, dass ein örtlicher Funktions- oder Mandatsträger der SPD am 14. Februar anwersend ist, um zu unseren Forderungen Stellung zu nehmen. Einfach nicht Stellung zu nehmen – wie das mit vielen unserer Briefe an die politisch Verantwortlichen geschehen ist – ist pure Ignoranz gegenüber den Interessen von Millionen Bundesbürgern.

Wir rufen die Sozialbündnisse, Organisatoren der Montagsdemonstrationen, Organisationen der sozialen Bewegung und die Gewerkschaften der Bundesrepublik auf: Beteiligt Euch am „Tag der Rechenschaft“! Zieht am Montag, dem 14. Februar, 18 Uhr mit den Demonstranten zu den Büros der SPD in Euren Städten und fordert von den Funktions- und Mandatsträgern der Kanzlerpartei Rechenschaft für die miserable Sozialpolitik und die ungerechte Steuerpolitik.

Wir bitten die Organisatoren der Donnerstags- und Freitagsdemonstrationen zu überlegen, ob Sie den Aktionstag zum Anlass nehmen können, auch Ihre wöchentliche Demonstration auf den Montag zu verlegen. Der zeitliche Gleichklang unseres Sozial-Protestes wird unsere Chancen auf Durchsetzung unserer Forderungen erhöhen. In einigen Städten – wie in Wittenberg – wurden die Demonstrationen deshalb schon auf einen Montag verlegt.

Vorwärts - Auf zur SPD! Sozialstaat verteidigen – Reichtum umverteilen!

Gruppen: Aktionsbündnis Montagsdemonstration Offenburg/Baden; Aktionsbündnis Soziale Gerechtigkeit – Stoppt den Sozialabbau (Leipzig-Nordsachsen); Aktionsgruppe gegen soziales Unrecht Finsterwalde; Aktionskreis Demokratie und soziale Politik (DSP) Leipzig; Bündnis gegen Sozialkahlschlag Dresden; Bürgerinitiative Bernburg und Umgebung; Freiberger Runder Tisch für soziale Gerechtigkeit - gegen Sozialabbau; IG Contra Sozialabbau Aschersleben-Staßfurt; Kulmbacher Initiative für soziale Gerechtigkeit; Nordhausen macht mobil; Soziales Bündnis Wittenberg; Sozialforum Berlin
Personen: Prof. Dr. Aris Christidis (Gießen); Fritz Daniel (Sozial-Protest Sondershausen); Andrea und Hans Drong (Attac Freckleben); Horst Engel (Bügerinitiative Jessen "Für Arbeit und soziale Rechte"); Jens Flöck; Prof. Peter Grottian (Berlin); Hartmut Heuschkel (Leipzig); Peter Jaszczyk (ehem. Betriebsratsvorsitzender Opel Bochum); Ilja Karpowski (Berlin); Bettina Kuhn (Bündnis Montagsdemonstration Göttingen); Frank Lorenz (Aus Wut wird Widerstand Chemnitz); Michael Lange (Hamburg, Dipl-Psychologe); Klaus Reuschel-Schwitalla (Leichlingen, WASG Rhein-Berg, Bergisch-Gladbach); Richard Schmid (Attac Könnern); Siegfried Weber (Dipl.Ing. Landkreis Altenburg); Wolfgang Weiß; Michaela Ziegs (Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit Leipzig)


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Zu den bisherigen Versuchen der Leipziger Hartz IV- und Agenda-Kritiker mit der SPD ins Gespräch zu kommen. Eine Geschichte in vier erfolglosen Versuchen

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Unbeantworteter Brief des Geschäftsführers von Ver.di Leipzig-Nordsachsen, Bernhard Krabiell, an den stellvertretenden Parteivorsitzenden der SPD, Wolfgang Thierse

5. Juni 2004

Lieber Wolfgang Thierse,

Anläßlich Deines heutigen Wahlkampfauftrittes in Leipzig wende ich mich an Dich als den Vertreter in der Parteispitze der SPD, der sich immer wieder mit Nachdruck für die Berücksichtigung der besonderen Situation im Osten Deutschlands einsetzt. Mein Anliegen berührt in keiner Weise nur den Osten, es stellt sich hier nur in besonderer Schärfe dar.

Ich bin seit 1972 Mitglied der SPD und habe lange Jahre verschiedene Funktionen in der Partei bzw. in Arbeitsgemeinschaften (Jusos, AfA) ausgeübt. Seit mehr als zwanzig Jahren war ich zunächst ehren-, dann hauptamtlich in der Gewerkschaft ÖTV, später verdi aktiv (seit Ende 1990 in Leipzig, zur Zeit als Bezirksgeschäftsführer der Gewerkschaft verdi).

Tagtäglich werde ich wie viele andere Kolleginnen und Kollegen mit den Problemen und Sorgen der Menschen konfrontiert, die den Sozialabbau am eigenen Leibe erfahren. Es sind vor allem diese Menschen, die mit ihrer Stimme „Rot-Grün“ in die Regierung gewählt haben. Was ich vorbinge, stützt sich nicht allein auf meine Erfahrung und Überzeugung, sondern auf meine Arbeit mit diesen Menschen.

Der Kurswechsel unserer Partei nach den letzten Bundestagswahlen hat bekanntlich bei Tausenden, ja Millionen in unserer Gesellschaft Empörung und Wut ausgelöst. Entgegen allen Aussagen vor den Wahlen und zum Teil noch im Koalitionsvertrag wurden unter dem Titel „Agenda 2010“ Maßnahmen eingeleitet und beschlossen, die für Millionen Menschen zu deutlichen Einschnitten führen, viele in Existenznot bringen und mehr und mehr die Grundlagen des Sozialstaates aushöhlen.

Diese Realität ist die Grundlage für das, was viele „Politikverdrossenheit“ nennen, - Vertrauensverlust in die Regierung, zunehmende Zweifel an der Funktionsfähigfkeit des parlamentarischen Systems im Sinne der Durchsetzung von Mehrheitsinteressen, schwindende Glaubwürdigkeit vor allem der SPD, deren Entwicklung untrennbar mit der Erkämpfung sozialstaatlicher Institutionen und sozialer Rechte verbunden war.

Verstärkt wird dies durch die Ignoranz gegenüber der Kritik und den Protesten aus der Bevölkerung bzw. ihre Banalisierung. Es handelt sich nicht um ein Vermittlungsproblem wie Franz Müntefering meint. Nein, wir haben verstanden, um was es geht. Wir wollen diesen „Agenda“-Kurs nicht, wir wollen einen grundlegenden Politik-Wechsel, der nicht nur wünschenswert, sondern auch machbar ist !

Die Politik ständiger Deregulierung zu Lasten der Arbeitnehmer, der finanziellen Ausblutung der Kommunen, der Aufkündigung der paritätischen Finanzierung des Gesundheitswesens, usw. droht ihren vorläufigen skandalösen Höhepunkt in den Regelungen zu erreichen, die als „Reformen am Arbeitsmarkt“, „Harz IV“, „Arbeitslosengeld II“ beschlossen wurden und in die Praxis umgesetzt werden sollen.

Nach Berechnungen verschiedener Institute (die auch den Prognosen der Bundesregierung entsprechen) werden künftig (d.h. nach dem gegenwärtigen Gesetzgebungsstand ab Januar 2005) in Sachsen ein Drittel der 240 000 Arbeitslosenhilfeempfänger keine Leistungen mehr erhalten, weil sie z.B. nach Anrechnung ihrer Ersparnisse und des Einkommens in ihrer „Bedarfsgemeinschaft“ nicht mehr die gesetzten Kriterien erfüllen. 40 000 arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger in diesem Bundesland sollen aufgrund der beschlossenen „Zumutbarkeitskriterien“ für den politisch gewollten Niedriglohnsektor mobilisiert werden. Gewiß, über die Exaktheit der Prognosen kann man streiten, die neue Dimension massenhafter sozialer Deklassierung ist aber nicht zu bestreiten.
Die vom Bundestag beschlossene Erhöhung des Schwellenwertes beim Kündigungsschutzgesetz, die Erleichterung der Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen und die verkürzte Bezugsdauer für Arbeitslosengeld werden dazu beitragen, daß viele heute noch auf dem Ersten Arbeitsmarkt Erwerbstätige in rasantem Tempo einen sozialen Abstieg erleben werden. Armut droht in Deutschland wieder zu einem Massenphänomen zu werden.

Auf die, die noch in Arbeit und Brot stehen, und die Gewerkschaften wird Druck in Richtung Lohnsenkung, Arbeitszeitverlängerung, usw. ausgeübt. Ein Teil der Öffentlichen Arbeitgeber, vor allem die Bundesländer (gleich, ob von Stoiber, Koch oder Steinbrück angeführt) haben die Rolle von Vorreitern in dieser Bewegung übernommen.

Der traditionelle „Schulterschluß“ der SPD mit den Gewerkschaften scheint aufgekündigt, die Verbindung mit Sozial- und Umweltverbänden, die sich für eine Politik der sozialen und ökologischen Erneuerung engagierten , war wohl nur bis zum Wahltermin ernst gemeint.

Statt dessen scheint sich die Regierungspolitik immer deutlicher an Vorschlägen der Herren Hundt, Rogowski und Braun auszurichten, die betonen, daß die Regierung den richtigen Weg eingeschlagen habe, aber noch nicht weit genug gehe. Die Realität zeigt uns, daß gerade sie aber ihre Unternehmenserträge und Steuergeschenke nicht für die notwendige Schaffung neuer Arbeitsplätze einsetzen.

Es kann sein, lieber Wolfgang Thierse, daß Dich ähnliche Meinungsäußerungen immer wieder erreichen.

Die entscheidende Frage ist: Wie ernst nehmt Ihr unsere Kritik und unsere Forderungen? Welchen Platz haben demokratische Willensbildung und Beteiligung zwischen den Wahlterminen?

Woran ich und mit mir viele die Regierung, die Koalitionsfraktionen und vor allem die SPD messen, sind Eure konkreten politischen Entscheidungen. Es ist keine Schande, falsche Beschlüsse zu korrigieren.

Die paritätische Finanzierung des Gesundheitswesens muß wieder hergestellt, das Recht auf medizinisch angemessene Versorgung garantiert werden. Die Gemeindefinanzierung muß auf solide Füße gestellt werden (es empfiehlt sich, dem Sachverstand der Kommunen mehr Vertrauen zu schenken als den Lobbyinteressen des BDI) - vor allem aber die beschlossenen Gesetze gegen Arbeitnehmer und Erwerbslose müssen zurückgenommen werden !

Als Sozialdemokrat und Bürger erwarte ich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit unserer Kritik und Eure Entscheidung für einen Politikwechsel. Mit vielen anderen sozialdemokratischen Gewerkschaftern habe ich deshalb auch den Aufruf der Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit unterzeichnet. Und ich werde alle Ansätze unterstützen, die sich für eine wirkliche, soziale Reformpolitik stark machen und für Arbeitnehmer, Erwerbslose, Rentner und Jugendliche eine Plattform bieten.

Immer mehr entziehen einer Regierungspolitik die Unterstützung, die sich über Wählerwillen und Proteste aus der Bevölkerung hinwegsetzt.

Werden Parteivorstand und Bundestagsfraktion diese Signale ernst nehmen? Seid Ihr zu einer wirklichen Kursänderung bereit? In der Hoffnung auf Deine Antwort verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen Bernhard Krabiell

Kopie an:

- SPD-Unterbezirksvorstand Leipzig-Borna
- AfA-Unterbezirksvorstand
- Juso- Unterbezirksvorstand
- verdi-Bezirksvorstand, DGB-Regionsvorstand

Druckversion des Briefes vom 5. Juni 2004

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SPD lehnt Diskussion mit Hartz- und Agendakritikern ab

Leipzig (13. September 2004). Nachdem einige Politiker ihr Interesse bekundeten am 6. oder 13. September auf der Kundgebung nach der Montagsdemonstration um 19 Uhr zu Sprechen, lud das Aktionsbündnis Soziale Gerechtigkeit - Stoppt den Sozialabbau (Leipzig-Nordsachsen) einige von Ihnen zu einem Streitgespräch am 13. September um 20 Uhr ein. Das geplante Streitgespräch zwischen den für die Agenda-Politik und Hartz IV verantwortlichen Politikern und ihren Kritikern konnte aber leider nicht stattfinden. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), Vize-Kanzler Joschka Fischer (Grüne) und Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt teilten ebenso wie die Bundestagsabgeordneten der SPD aus der Region Leipzig Rainer Fornahl, Gunter Weißgerber und Jürgen Wieczorek mit, daß sie aus terminlichen Gründen verhindert seien.

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Bisher unbeantworteter Brief des Leipziger Aktionsbündnisses Soziale Gerechtigkeit und der Montagsdemonstranten an Bundeskanzler Gerhard Schröder

An
Bundeskanzleramt
Herrn Bundeskanzler Gerhard Schröder
Willy-Brandt-Str. 1

10557 Berlin

Leipzig, den 29. Oktober 2004

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Gerhard Schröder,

Die „Bürgerinitiative Torgau - Für soziale Gerechtigkeit“ hat sich zusammen mit den Teilnehmern der Montagsdemonstration in Torgau vom 18. Oktober mit einem Schreiben an Sie gewandt, „den geplanten drastischen Sozialabbau unverzüglich zu stoppen“. Auf der Abschlusskundgebung der Montagsdemonstration in Leipzig vom 25. Oktober wurde der Brief von den rund 1 200 Leipziger Demonstranten zustimmend zur Kenntnis genommen. Die Besorgnis und die Forderungen der Torgauer Demonstranten sind auch die der Leipziger. Auch die Leipziger Demonstranten haben festgestellt, dass

„die Vertreter der Arbeitgeberverbände, des Zentralverbandes des deutschen Handwerks und weitere Lobbyisten immer weiter gehende Forderungen erheben, sobald eine der zuvor gestellten Forderungen nach Sozialabbau oder Verschlechterung von Arbeitnehmerrechten durch die von ihnen geführte Bundesregierung erfüllt worden ist.

Auch wir haben festgestellt, dass die gestellten Forderungen nicht nur von den Verbandsvertretern gestellt, sondern versuchsweise in Betrieben umgesetzt werden. Das Klima in Betrieben wird immer mehr davon geprägt, dass Arbeitnehmer sich einem immer größeren Druck und skrupelloseren Vorgehen der Arbeitgeber ausgesetzt sehen. Da werden per Änderungskündigungen Arbeitszeiten gekürzt und die davon Betroffenen trotzdem zunächst in Vollzeit weiter beschäftigt. Die Kürzung der Arbeitszeit soll dem Zweck dienen, bei weniger Arbeitsvolumen das wirtschaftliche Risiko auf die Beschäftigten abzuwälzen. Andere haben ein geringes steuerpflichtiges Einkommen und erhalten steuerfreie Zuschläge, die der Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen dienen. Doch das Ergebnis ist, dass diese Zuschläge bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht berücksichtigt werden, mit der Folge, dass aus Steuermitteln z.B. Wohngeld und andere Leistungen zu zahlen sind.
Auch der so genannte Ausbildungspakt ist nicht von Erfolg gekrönt.

Wir fordern sie aus den genannten Gründen auf:

* Sprechen sie endlich ein Machtwort in Richtung der Wirtschaftsverbände!
* Fordern sie die Lobbyisten der Arbeitgeberverbände ÖFFENTLICH auf, endlich ihre überzogenen Forderungen nach noch mehr Sozialabbau und weiteren Einschränkungen von Arbeitnehmerrechten aufzugeben.
* Öffnen sie ihre Augen und erkennen sie endlich, dass durch ihre Politik der soziale Friede in unserem Land mehr und mehr gefährdet ist und letztendlich zerstört zu werden droht.

Niemand ist ohne Fehler. Doch es zeugt von mehr Rückgrat zu gemachten Fehlern zu stehen und sie zu korrigieren, als sehenden Auges gegen alle Vernunft an den Fehlern fest zu halten und größere soziale Schieflagen zu erzeugen.
Es genügt nicht zu äußern, dass starke Schultern auch stärkere Lasten tragen und einen größeren Beitrag zum Gemeinwohl leisten können.
Sorgen sie endlich dafür, dass Eigentum nicht nur verpflichtet, sondern diese Verpflichtung endlich eingelöst wird.
Die Möglichkeit, entsprechende gesetzliche Regelungen zu erlassen, haben sie. Das haben sie mit dem Erlass der gesetzlichen Regelungen, deren bisheriger Höhepunkt Hartz IV ist, bereits bewiesen.
Es ist an der Zeit, die so genannten Besserverdienenden in die Pflicht zu nehmen.

Die jüngsten Ereignisse bei Opel in Bochum zeigen uns, dass die Spaltung der Gesellschaft in wenige Reiche und immer mehr Arme sich verstärkt hat. Das zeigt auch die Tatsache, dass die Hersteller hochpreisiger Automodelle wenig bis keine Probleme beim Absatz haben.

Dagegen geraten die Hersteller der Mittelklassewagen immer stärker unter Druck. Dies hängt offensichtlich damit zusammen, dass die Anzahl der mittleren Einkommensbezieher in unserem Land immer kleiner wird. Und nach der Umsetzung von Hartz IV wird diese Entwicklung sich rasant beschleunigen.

Es ist höchste Zeit, dass sie und die von ihnen geführte Regierung sich darauf besinnen, dass auch eine Erhöhung der Steuereinnahmen, die durch eine stärkere Besteuerung hoher Einkommen erreicht werden kann, dazu dienen sollte, dass der Sozialstaat seinem Namen gerecht wird.“

Betrachten Sie unseren Brief bitte als ernstgemeinten Versuch, Sie auf unsere andere Auffassung dazu aufmerksam zu machen, was eine sozial gerechte Politik ist. Wir sind an einer ernsthaften Diskussion und dem Austausch von Argumenten darüber, was sozial gerechte Politik ist interessiert. In diesem Sinne erhoffen wir von Ihnen eine Antwort auf unser Schreiben.

Mit freundlichen Grüßen


i. A. Thomas Rudolph
Aktionsbündnis Soziale Gerechtigkeit – Stoppt den Sozialabbau (Leipzig-Nordsachsen)

sowie die Teilnehmer der Montagsdemonstration vom 25. Oktober 2004

Druckversion

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Bisher unbeantwortetes Schreiben an die SPD-Bundestagsabgeordneten des Unterbezirkes Leipzig:

Leipzig, den 3. Januar 2005

Sehr geehrter Herr Rainer Fornahl, sehr geehrter Herr Gunter Weißgerber, sehr geehrter Herr Jürgen Wieczorek,

wir sind heute hier zu Ihnen gekommen, weil Sie als SPD-Bundestagsabgeordnete für die verhängnisvollen Folgen von Hartz IV mit verantwortlich sind, weil Sie dieses unwürdige, massenverarmende Gesetz mit verabschiedet haben.

Trotz Ihrer Mitgliedschaft in den Ausschüssen für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, dem Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend scheint Ihnen entgangen zu sein, was Hartz IV für die Betroffenen bedeutet. Wir werden es Ihnen noch einmal erklären, so dass auch Sie endlich verstehen welch unsägliche Folgen Ihr Abstimmungsverhalten verursacht hat.

Massenumzüge wegen Hartz IV
Sie sagen vermutlich dies sei jetzt kein Thema. Es gebe keine Massenumzüge wegen Hartz IV. Sicher, im Moment wird es keine Umzüge geben, da das SBG II vorsieht die laufenden Mietkosten in voller Höhe für ein halbes Jahr zu übernehmen. Aber was wird im Juli, wenn die Galgenfrist abgelaufen ist? Wo und vor allem wie werden die Menschen dann leben müssen? Ist es im Sinne der im Grundgesetz garantierten Grundrechte, wenn ein paar Politiker Millionen von Menschen per Gesetz zu unwürdigem Leben verurteilen, nur weil der Gesetzgeber nicht in der Lage oder besser Willens ist den Reichtum der Bundesrepublik, gerecht zu verteilen?

Haushaltslöcher und Binnenmarkt
Sie schwächen mit Hartz IV den Binnenmarkt, denn die Kaufkraft wird sinken, wenn Millionen ALG-II-Empfänger jetzt kaum noch ausreichend Geld zur Verfügung haben, um die notwendigsten Dinge für ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Zugleich setzen Sie mit dem Annahmezwang von auch unter ortsüblichen Tarifen bezahlter Arbeit eine Lohnsenkungsspirale in Gang, deren Ende auch das Ende eines funktionierenden Binnenmarktes sein wird. Das vernichtet dann weitere Arbeitsplätze. Sie sind damit aber nicht nur für die Vernichtung weiterer Arbeitsplätze verantwortlich, sondern sorgen für weitere Löcher in den Sozialversicherungssystemen, denn noch sind die Beiträge zu einem guten Teil von den Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abhängig. Mit sinkendem Lohn und sinkender Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung sinken aber eben auch die Einnahmen der Sozialversicherungssysteme. Die sogenannten Finanzierungslücken in den Sozialsystemen werden dann noch größer. Mit sinkender Binnennachfrage werden zudem auch die Steuereinnahmen sinken. Überhaupt: Haushaltslöcher. Wie sind diese denn entstanden? Seit Jahren werden Besserverdienende und Einkommensmillionäre steuerlich entlastet, ebenso die Kapitalgesellschaften. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind die Steuern auf Vermögen und aud die Gewinne der Unternehmen in kaum einem Land der Erde so niedrig wie in Deutschland.
Arbeitsplätze sind dadurch bisher nicht entstanden. Sie können so auch nicht entstehen. Arbeitsplätze entstehen nur dann, wenn die Nachfrage nach Produkten steigt und nicht dadurch, dass man jemandem Geld in der Hoffnung gibt, er würde mit den zusätzlichen Finanzmitteln Arbeitsplätze für nicht absetzbare Produkte schaffen.

Durch den geringen Regelsatz des ALG II wird sich auch das Bild vieler Stadtteile drastisch verändern. Wo es heute noch Bäcker, Metzger und andere kleine Händler gibt, wird es bald nur noch Kahlschlag geben. Denn die Menschen können es sich nicht mehr leisten dort zu kaufen. Sie werden gezwungen zu den großen Billigketten zu gehen. Der kleine Händler oder Handwerker aber geht bankrott.

Frauenarmut und Bildungschancen ihrer Kinder
Die Frauenarmut wird durch die Anrechnung des Kindergeldes bzw. des Unterhaltes auf deren Regelsätze dramatisch ansteigen. Wie können Sie es verantworten, dass sich einige alleinstehende Frauen jetzt vom Kindergeld und Unterhalt ihrer Kinder finanzieren sollen. Die Bildungschancen der Kinder von ALG-II-Empfängern werden schlechter. Wo sollen ALG-II-Empfänger künftig die beträchtlichen finanziellen Mittel für die von den Schulen ausgegebenen Arbeitshefte hernehmen. Nur die Lehrbücher fallen in Sachsen unter Lehrmittelfreiheit.

Soziale Isolation
Mit dem ALG II ist es keinem Empfänger möglich sich auch nur ansatzweise am kulturellen und geistigen Leben seiner Stadt zu beteiligen. Der ALG-II-Empfänger ist gezwungen auf jedwede Kultur zu verzichten, weil sie schlicht weg nicht mehr bezahlbar ist. Können Sie sich vorstellen, nicht mehr in die Oper, das Gewandhaus oder einfach nur ins Kino zu gehen, nur weil eine handvoll Politiker meinen, sie seien zu teuer? Wie würden Sie reagieren, wenn Sie nicht mal mehr die Zeitung lesen können, weil Sie sich überlegen müssen, ob Sie lesen oder essen?
Selbst die Benutzung einer Bibliothek ist für einen ALG-II-Empfänger nur dann noch möglich, wenn sich eine Außenstelle im jeweiligen Stadtteil befindet. Da sonst die Fahrtkosten zu hoch sein würden in die Bibliothek zu kommen. Dem ALG-II-Empfänger stehen nämlich nach Ihren Berechnungen nur 4,50 Euro in der Woche für Fahrtkosten zu. Die Menschen werden nach und nach sozial isoliert.

Thema Familien
Die von Hartz IV betroffenen Familien ziehen seit August/September in getrennte Wohnungen, um sich den sowieso schon geringen Regelsatz zu sichern. Das heißt für Kinder und Erwachsen eine erhebliche psychische Belastung der alltäglichen Situation. Väter und Mütter müssen ständig auf der Hut vor den Schnüfflern der Arbeitsagentur sein. Man nimmt eine Spaltung von Familien in Kauf und produziert dadurch nur noch mehr Trennungskinder.

Armut
Was Armut für Folgen haben kann, hat im November ein Arbeitsloser gezeigt, der sich in einer Arbeitsagentur selbst in die Luft sprengte. In Leipzig gab es wegen der Einführung von Hartz IV schon Selbstmorde. Können Sie solche und andere Verzweiflungstaten verantworten? Was ist, wenn durch derartige Hilfeschreie andere Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden? Wer kümmert sich dann um solche Opfer?
Hier in Leipzig wurden laut Aussagen der Agentur für Arbeit vom November schon 4600 Bescheide verschickt, in denen den Antragstellern mitgeteilt wurde, dass sie gar keine Leistungen mehr erhalten werden. Wovon sollen diese Menschen leben? Ihnen wird über kurz oder lang nur der Weg in die Kriminalität bleiben. Sie werden wohl stehlen müssen, um sich und ihre Familien wenigstens satt zu bekommen.
Kinderarmut ist in Deutschland, dem Exportweltmeister, ein gern tot geschwiegener Fakt. Fest seht jedoch, schon heute lebt jedes fünfte Kind in Deutschland an oder unter der Armutsgrenze, oder anders gesagt jedes zehnte Kind im Alter von drei Jahren lebt in Deutschland von Sozialhilfe. Diesen Kindern und den Kindern der ALG II- Empfängern wird außerdem die Chance der Bildungsgleichheit genommen. Viele benötigte Materialien werden ihre Eltern im kommenden Schuljahr nicht mehr bezahlen können. Da hilft auch die zugesicherte Finanzierung einer Klassenfahrt nicht mehr.

Wir fordern sie auf, Ihr politisches Handeln umgehend in den Dienst großer Teile der Bevölkerung zu stellen oder Ihr Mandat für den Bundestag sofort zurückzugeben, da Ihr Stimmverhalten bei der Abstimmung zu Hartz IV offensichtlich nicht dem Votum Ihrer Wählerinnen entspricht. Mit den Werten sozialdemokratischer Politik ist Ihr politisches Handeln jedenfalls nicht zu vereinbaren.

Stellvertretend für die Teilnehmer der Kundgebung vorm Leipziger SPD-Unterbezirk am 3. Januar 2005

i.A. Oliver Kloß, Jörg Kogel, Peter Heller, Thomas Rudolph, Klaus Schmidt, Michaela Ziegs

Druckversion des Briefes an die Bundestagsabgeordneten des SPD-Unterbezirk Leipzig

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Auch Sozial-Protest kostet Geld. Wir sind auf Ihre Spenden angewiesen. Bitte helfen Sie den Protest mit zu finanzieren. Danke.

Spenden: Bank: Postbank Nürnberg BLZ: 760 100 85 Konto-Nr.: 502 617 850 Stichwort: Protest


Originalinfo:

http://www.montagsdemonstration-leipzig.de/Tag-der-Rechenschaft-Lpz.htm

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