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 Der SWR spart sein Vokalensemble ein

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BeitragVerfasst am: 17.03.2005, 15:02    Der SWR spart sein Vokalensemble ein Antworten mit ZitatNach oben

Der SWR spart sein Vokalensemble ein
Von Eleonore Büning

08. März 2005 Sprechende Leerstellen, das sind Lücken, die brüllen. Aber nur für diejenigen, die Ohren haben. So also sieht der ideale Rundfunk-Klangkörper der Zukunft aus, wie ihn sich die programmverantwortlichen Intendanten der ARD-Anstalten vorstellen: Schattenriß vergangener Glorie.

Künftig nur noch billiger Klingklang aus der CD-Konserve als Dreieinhalbminuten-Farbtupfer im sogenannten Tagesbegleitprogramm: und die Körper, die angeblich zu kostenintensiven: verschwunden, abgeschmolzen, entlassen, ausgelöscht, wegrationalisiert. Dies entspricht dem Wortlaut des „Fortgeschriebenen Sachstandsberichts”, den Peter Voß, Intendant des SWR, den Hörfunkausschüssen am Montag präsentierte und den die Rundfunkrats-Sitzung am kommenden Freitag zur Kenntnis nehmen soll.

Gespenstische Bürokratensprache

Es handelt sich um Fortsetzung und Konkretisierung jenes in gespenstischer Bürokratensprache verfaßten Papiers zur „Zukunft der SWR-Klangkörper”, welches Voß Ende vorigen Jahres vorgelegt hatte und das eigentlich richtiger hätte heißen müssen: „Wie entledigt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk seines Rundfunkauftrags?”

Die kulturelle Verantwortung, die die ARD-Sender in der Vergangenheit nicht nur in den Bereichen Sport, Politik, Religion, Unterhaltung, sondern auch im Bereich Theater, Literatur und Musik mitgetragen haben, ist letztlich einziger Grund für ihre verfassungsrechtliche Sonderstellung. Wird diese Verantwortung aufgegeben, erübrigen sich Gebühren. Das wird nichtsdestotrotz derzeit nicht nur offensiv vom SWR, sondern auch vom Bayerischen, Hessischen und Saarländischen Rundfunk beherzt voranbetrieben, von den übrigen Sendern diskutiert. Man sägt just am kleinsten der öffentlich-rechtlichen Existenz-Pfosten und stellt in Frage, was nachweislich die geringsten Kosten verursacht, aber auch die kleinste Lobby hat.

18 Planstellen statt 36

Nach dem neuesten Voß-Bericht soll nun das SWR Vokalensemble von 36 Planstellen auf 18 halbiert werden. Jede Stelle sei, so das „Zielszenario”, fürderhin „zu je 50 Prozent” mit je halber Stelle, mithin doppelt zu besetzen, weshalb die Tradition des Ensembles, „wenn auch in anderer äußerer Form, inhaltlich bewahrt werde”. Eine echte Hutmacher-Rechnung aus dem Wunderland: 36 minus 18 macht 36. Daß aber das SWR Vokalensemble weniger als 0,3 Prozent des Senderetats beansprucht im laufenden Haushaltsjahr, diese Zahl wurde nicht mit eingerechnet.

Hinter den „Sparmaßnahmen” stehen nämlich, notdürftig maskiert, politische Willenserklärungen - so wie hinter den Zahlen konkrete Musikerkörper und Sängerköpfe stehen: mit kulturellen Inhalten, geistigem Potential und dem Schatz gewachsener, gesellschaftlich relevanter Bildungsgüter. An all das wird eines Tages nur noch obige Abbildung aus einem Programmheft des SWR Vokalensembles mit schriller Ironie erinnern.

Es bleibt nur die Hülle

Was davon bleiben soll, ist allenfalls die stolze Hülle, ein kostbarer alter Name, der des legendären „Südfunk Chors”. Der „Südfunk Chor” Stuttgart, ein weltweit einzigartiges Ensemble von professionellen, auf neue Musik spezialisierten Sängern, wurde schon vor Jahren bei der Fusion der Sendeanstalten des SWF-Baden-Baden und des SDR-Stuttgart umbenannt in „SWR Vokalensemble”. So geht die Spielregel bei allen Relaunches am Reißtisch: Erst wird das Label gekippt, dann die Inhalte.

Hinter den verschraubten Wortungetümen der in den Sendern kursierenden Papiere versteckt sich ein Akt der Barbarei; die Unterpunkte 2.4.2. und 2.4.3. des „fortgeschriebenen Sachstandsberichts”, die ganz unverhohlen mit „Auflösung” als „maximaler Personaleinsparung” drohen, sprechen eine deutliche Sprache. Als ein halbierter, semiprofessioneller Chor wäre das SWR Vokalensemble, vormals Südfunkchor, aber ohnehin ein totes Ensemble.

Die hochqualifizierten Sänger werden zweifellos einen anderen Job finden. Doch die Region verliert ein Bündel Konzerte, das Bundesland verliert einen der profiliertesten Kulturbotschafter, die deutsche Musiklandschaft einen ihrer Leuchttürme.

Text: F.A.Z., 09.03.2005, Nr. 57 / Seite 37
Bildmaterial: SWR/Schmidt

Original: http://www.faz.net/s/Rub4D7EDEFA6BB3438E85981C05ED63D788/Doc~EC2FEED67576F4F6FB73FFC0DC673A4F1~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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