KulturPro
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Anmeldungsdatum: 26.11.2004
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Verfasst am:
19.03.2005, 14:39 Hartz IV - Ein Euro für die Kunst? |
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Hartz IV
Ein Euro für die Kunst?
Ein-Euro-Jobs müssen gemeinnützig und zusätzlich sein, d.h. sie dürfen keine reguläre Stelle gefährden. Auf viele Arbeitsplätze im Kulturbereich trifft das zu. Gefahr oder Chance?
Notwendige Tätigkeiten, für die kein Geld da ist - dafür können Bund, Länder und Kommunen Arbeitslose einsetzen, das sieht die Hartz-Reform vor. Bedingung: Die Jobs müssen gemeinnützig und zusätzlich sein. Unzählige Stellen in Bibliotheken, Museen und Theatern passen zu dieser Definition, denn Kultur gilt als gemeinnützig. Ebenso gibt es kaum Festanstellungen, und wo es keine Stellen gibt, können auch keine verdrängt werden. Die Kriterien für Ein-Euro-Jobs sind also erfüllt.
Ein-Euro-Jobber mit Diplom
Das bringt der Kulturszene viele Vorteile: Wertvolle Bücher und Gemälde können mit Hilfe der günstigen Arbeitskräfte vor dem Verfall gerettet werden. So hat zum Beispiel der Unternehmer Hans J. Heinrich vorgeschlagen, 20.000 Ein-Euro-Jobber für die Digitalisierung von Kulturgütern einzusetzen. Schon jetzt helfen viele Arbeitslose mit, die wertvollen Exponate der Anna-Amalia-Bibliothek zu retten. Auch alternativen Theatern, Programmkinos und Künstlerhäusern könnte Hartz IV das Leben retten: Schließlich werden Subventionen immer knapper oder gestrichen, Plan-Stellen werden rar, und ehrenamtliche Mitarbeiter können den Betrieb nicht alleine stemmen. Und da immer mehr Künstler und Akademiker arbeitslos sind, gibt es sogar Ein-Euro-Jobber, die für die anspruchsvolle Aufgaben qualifiziert sind.
Hartz IV also als Rettung der Kulturszene Deutschlands?
Millionen Ein-Euro-Jobber
Leider birgt der scheinbare Segen der staatlich unterstützten Billig-Stellen auch ein gehöriges Risiko. Schon markwirtschaftlich betrachtet: Es scheint unwahrscheinlich, dass Millionen verfügbare Ein-Euro-Jobber keinen Einfluss auf den normalen Arbeitsmarkt haben, da mag es noch so viele gut gemeinte Kriterien geben, um das zu vermeiden. Damit graben sich die qualifizierten Arbeitssuchenden selbst das Wasser ab, denn welcher Arbeitgeber wird noch Tariflöhne bezahlen, wenn es hoch spezialisierte Billigkräfte gibt? Übernehmen gering Qualifizierte die Stellen, leidet auf Dauer die Qualität.
Zwar sollte eigentlich von Dauer keine Rede sein: Ein-Euro-Jobs sind als Überbrückung gedacht. Doch die Erfahrung mit 400-Euro-Jobs oder ABM-Maßnahmen zeigt, wie schnell sich permanente Strukturen entwickeln. Streicht der Staat die Unterstützung dann wieder, bleiben Beschäftigte wie Institution auf der Strecke.
Am Rande des Existenzminimums
Im Kulturbetrieb ist die finanzielle Situation ernüchternd - für beide Seiten. Wer Kulturarbeit machen will, muss eine gute Portion Idealismus mitbringen. Der Profit ist Nebensache. Wer als Schauspieler, Autor oder Maler arbeitet, verdient - von den großen Stars einmal abgesehen - wenig, viele Künstler leben am Rande des Existenzminimums. Alternative Theater, Kinos und Kunsthäuser haben oft nur die Erhaltung als finanzielles Ziel und sind von ehrenamtlichen Mitarbeitern abhängig. Schon jetzt ist also viel kulturelles Schaffen nicht oder kaum bezahlt. Da bleibt wenig Spielraum. Und mit den Ein-Euro-Jobbern verschärft sich der Konkurrenzkampf um die wenigen vernünftig bezahlten Stellen im Kulturbereich weiter.
Quelle: http://www.ard.de/kultur/sonstiges/ein-euro-jobs-im-kulturbereich/-/id=171948/nid=171948/did=281192/yb5cfc/index.html
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